Mietwagen im Ausland: Unsere Autounfall-Erfahrung in Marokko

Wer geizig ist, zahlt doppelt.

In diesem Blog erzähle ich meine subjektiven Eindrücke rund um die Geschehnisse vom November 2018. Es geht um unseren Autounfall in Marokko, der zwei Verletzte forderte.

Hier empfehle ich weder irgendeine Versicherung, noch übe die Kritik an der Polizei oder Autovermittlung aus.  Ich erkläre nur, warum man im Ausland eine Autoversicherung abschließen sollte.

Meine Story wird so authentisch wie möglich dargestellt: Mit all meinen Gefühlen, meiner damaligen Schockstarre und der ganzen Reihe der aufeinander folgenden chaotischen Ereignissen. 

Reise mit einem Mietwagen 

Ich kann viel über die Schönheit von Marokko erzählen. Über seine bunten Farben und leckeres Essen... Stopp, hier schreibe ich über den Autounfall. Es  geht um unser Verzicht auf die Versicherung, die Autovermittlung AVIS Marokko, die falschen Autopapiere, die Tragikomödie, die sich am Unfallort abspielte sowie die ein wenig schlampige Arbeit der Polizei vor Ort.

Andre und ich mieteten ein Auto in Fes und sollten es nach zwei Wochen in Marrakesch abzugeben. Der echte Name von meinem damaligen Freund ist an dieser Stelle geändert. Ich nenne ihn einfach Andre.

Ich spreche  kein Französisch. Unpraktisch, wen man Marokko besser kennenlernen möchte. Glücklicherweise kommt Andre aus Frankreich. Zusätzlich zu seiner Muttersprache Französisch kann er ziemlich gut Arabisch verstehen, weil seine Familie aus Algerien stammt.

Warum verzichteten wir auf die Versicherung

Als die Frage im Raum stand, ob wir eine Versicherung abschließen wollen, sagte Andre, dass er auf seinen Reisen in Afrika und Europa seit über 20 Jahren noch nie einen Unfall hatte. Ich nahm das mit schwerem Herzen hin. Eine Teilkasko-Versicherung wäre nicht allzu teuer gewesen.

Im Nachhinein weiß ich, dass der Geizige doppelt zahlt. 

Der Unfall in Marrakesch

Wir fuhren zwei Wochen lang über Steinwüsten, über gefährliche Offroad-Straßen im Atlas-Gebirge, oft direkt am Abgrund. Das alles sowie ziemlich verrücktes Verkehr in Marrakesch überlebte das Auto ohne Kratzer. 

Der Unfall passierte auf einer leeren Autobahn-Ähnlichen-Straße. Als Andre nach links abbiegen wollte, tauchte hinter uns plötzlich ein Motorrad. Es wollte uns links überholen, stattdessen prallte es gegen uns mit ca. 50 km/h. 

Ab diesem Moment hatte ich das Gefühl im falschen Film zu sein. Mein erster Gedanke war: "Wir haben Menschen umgebracht, meine Leben wird nie wieder so sein wie früher."
Quelle: Pixabay
Ich habe natürlich keine eigenen Bilder vom Unfall! Deswegen musst du meiner Beschreibung einfach glauben. 

Ab da fängt eine ziemlich tragische Komödie an.

Die verletzten Motorradfahrer

Zwei Menschen und das Motorrad lagen auf dem Straßenrand im Staub. Diese Ansicht war wirklich beängstigend. Ich hatte noch nie in meinem Leben verletzte Menschen gesehen.

Ich rannte erstmal zum Beifahrer und sah, dass er einen guten Helm trug, der seinen Kopf sowie das komplette Gesicht an den Seiten bedeckte. Es war so ein Helm, wie ihn alle Motorradfahrer in Deutschland tragen. Er bekam ersichtlich starke Prellungen, machte auf mich aber grundsätzlich einen lebendigen Eindruck.

Ich ran zum Fahrer. Da ist mein Herz fast stehen geblieben. Kennst du die leichten Moped-Helme, die das Kinn unten frei lassen? So einer war das. Das hat sein Gesicht und vor allem sein Auge kaum geschützt. Das Auge und die Schläfe waren angerissen und bluteten. Eine Seite vom Gesicht hat echt viel abbekommen. 

Nun, warum versuchte er schreiend seine Wunde in den Staub hineinzustecken? Ich kniete mich hin, versuchte ihn zu beruhigen und hielt ihn fast gewalttätig davon ab, seine blutigen Augen mit Staub zu schmieren.  

Die Szene prägte sich für immer in meinem Kopf ein. Alle, aus den Autos aufgestiegenen Schaulustigen bildeten um uns einen Kreis und schauten neugierig  zu. Mitten im Kreis bin ich auf den Knien, krampfhaft versuchend den Verletzten zu beruhigen und sein Gesicht von seinen "Mit-der-Wunde-ab-in-den-Staub-Aktionen" zu schützen. 

Das ging mir durch den Kopf

Die ganze Situation war genug anstrengend für mich. Trotz der Schockstarre musste ich mir die ganze Zeit Gedanken über alles mögliche machen.

"Wer ist schuld?", "Ob mich alle schaulustigen Männer irgendwie angreifen werden?", "Wann kommt endlich die Polizei und der Krankenwagen?", "Muss ich in den Knast?", und "Warum zur Hölle hebt der Beifahrer seinen Kopf ab, sieht sich um und macht es sich offensichtlich wieder 'bequem'? Hat er nicht vor zu seinem Kumpel zu kommen oder zumindest zu kriechen, um zu gucken, wie es ihm geht?".  

Andre hat mir später erzählt, dass ihm dieses Benehmen vom Beifahrer auch auffiel. Er checkte alle fünf Minuten die Lage ab, um sich gleich wieder hinzulegen.

Mit all den Schaulustigen war das Ganze langsam echt schräg. Die Menschen standen nur rum. Glücklicherweise wurde ich von niemanden beschimpft oder überhaupt angesprochen.

Der erste Polizist

Der erste Polizist kam auf dem Motorrad ca. zehn Minuten nach dem Unfall. Waren es vielleicht fünf Minuten? Ich hatte keine Ahnung. Auf jeden Fall sorgte er für Ordnung.

Als Erstes sollten wir unser Auto von der Straße wegschieben. "'Ohne Spurensicherung?" - dachte ich mir nur... 

Als Zweites sollten alle wegfahren, die mit dem Unfall nichts zu tun haben. 

Als Drittes sollte ich von der verletzten Person meine Finger weg lassen. Ich schäme mich es zu sagen, aber es war für mich eine Erleichterung. Helfen konnte ich wohl kaum.

Endlich kam die polizei und der krankenwagen

Sie ließen 20 Minuten auf sich warten.   

Die beiden Verletzten wurden kurz untersucht und sofort im Krankenwagen weggefahren. 

Übrigens, eine kleine Bemerkung am Rande: Der verletzte Beifahrer sollte nach der kurzen medizinischen Prüfung seines Zustandes auf den eigenen Beinen zum Krankenwagen laufen. So schlimm war er scheinbar nicht verletzt, dass er nicht nach seinem Kumpel hätte schauen können. Manches werde ich nie nachvollziehen können.

Die Polizei hat den Andre auf Französisch 'vernommen' und alles dokumentiert. Ich war nur froh, dass ich nichts verstand und einfach durchatmen konnte.

Die Polizisten wollten uns am nächsten Tag im Polizeirevier in Marrakesch wiedersehen. Nahmen sie deswegen alle unsere Auto-Papiere mit? Bis ich realisierte, was da grade passierte, waren sie bereits weg. 

Meinen Reisepass durfte ich bei mir behalten.

Fahrzeug abschleppen lassen? Versuche es ohne Auto-Papiere.

Bestandsaufnahme unserer Lage: Eine unverhoffte schwere Autopanne mitten im Nirgendwo in der Nähe von Marrakesch. Wir haben einen platten Reifen und völlig zerstörten Stoßfänger.

Andre rief den Abschleppdienst an. Überraschung: Ohne Papiere werden sie uns nicht abschleppen. Eigentlich darf man das Auto ohne Unterlagen gar nicht von der Stelle bewegen. Die Abgabe des Wagens in Marrakesch war am gleichen Tag.

Spätestens in diesem Moment musste ich mich fragen, was ich ohne Andre gemacht hätte. Ich kann mit einem Rangierwagenheber und einem Drehmomentschlüssel nichts anfangen. Andre schon.

Der Wagen konnte nach einer Stunde mit dem neuen Reifen wieder fahren. Mit einem Schneckentempo und komischen Geräuschen, aber es reichte bis zur Abgabestelle von AVIS. 

Papiere vom falschen Fahrzeug

Das ist aber noch nicht das Ende dieser Tragikomödie.

Bei der Abgabe des Fahrzeuges hat der AVIS-Mitarbeiter in Marrakesch lange mit seinem Kollegen in Fes - bei dem wir das Auto mieteten - telefoniert. Er sprach Arabisch. Im Gegensatz zu Andre verstand ich kein Wort. 

Als wir rausgingen, erzählte mir Andre, dass  AVIS Fes uns Unterlagen vom falschem Fahrzeug gab. Wir sind zwei Wochen lang mit den Papieren von einem anderen Wagen rumgefahren!

Beim Unfall ist es der Polizei nicht mal aufgefallen. Sie nahmen eine falsche Fahrzeug- und Versicherungsnummer in ihre Unterlagen auf! Die aus den Papieren, ohne das Autokennzeichen anzuschauen.

Es ist total spannend, aber uns wurde nichts gesagt. Weder an diesem Tag noch am nächsten im Polizeirevier. Eigentlich hätten wir davon gar nichts wissen sollen.  

Am nächsten Tag tauchte der AVIS-Kollege mit den richtigen Papieren aus Fes auf. Die Polizisten waren wütend, als sie plötzlich andere Papiere vom AVIS-Mitarbeiter in die Hand gedrückt bekamen. Das konnte ich an deren Gesichter und Gestik ablesen. Uns sagten sie nichts und korrigierten in ihren Dokumenten die Fahrzeug- und Versicherungsnummer.

Danach passierte nichts mehr interessantes.  Außer, dass ich irgendwelche Polizei-Unterlagen auf Arabisch unterschrieb ohne sie zu verstehen und, dass der Polizist mir sagte - ich sei am Unfall nicht schuld. Puh...

Was kostete es am ende 

Wenn ich keine Schuld am Unfall trage, werde ich wohl nichts zahlen müssen? So einfach ist es leider nicht. 

So funktioniert das in der Theorie. Zuerst wird das hinterlegte Geld von der Kreditkarte für die Reparatur einbehalten. Das Ganze darf maximal 1.800 EUR betragen. Also, wurde meiner Visa genau diese Summe entzogen. 

Danach klären die Versicherungen unter sich, wer Seite an wen was zahlt. Da ich keine Schuld habe, sollte mein Geld irgendwann zu mir zur zurückkehren. Es passierte nicht. Monatelang rief Andre AVIS Marokko an. Monatelang hieß es nur: Melden Sie sich später. Wir haben keine Neuigkeiten für Sie.

Was kann ich noch sagen? Schließ immer eine Versicherung ab...

Wer geizig ist, zahlt doppelt. Oder fünffach.

Ich freue mich über Deinen Kommentar!

1 Comment

  • Peter
    Hallo Natalia, habe gerade Deine informativen und gut geschriebenen Berichte zur Quallenbegegnung und dem Unfall in Marokko gelesen. Ich war Anfang März 2024 in der Andamanensee zwecks Inselhüpfen und Schnorcheln und habe wegen der frühen Qualleninvasion nach einer Woche - ohne je im Wasser gewesen zu sein - das Gebiet wieder verlassen und bin an den Golf von Siam (Ko Tao) umgesiedelt. Die Aussagen der Einheimischen zur Gefährlichkeit der Quallen in der Andamanensee waren so unterschiedlich, dass ich kein Risiko eingehen wollte .... Einzige wohl gesicherte Milderung nach einer Quallenbekanntschaft: Essig und Arzt Autoversicherung: Nach sehr vielen Anmietungen von Wagen im Ausland (u.a. auch Marokko und Türkei) habe ich mich vor zwei Jahren mal mit den Versicherungsbedingungen vertraut gemacht und dabei festgestellt, dass ich häufig total unterversichert durch die Gegend gefahren bin. Seitdem schließe ich umgehend nach einer Anmietung eines Wagens im außereuropäischen Ausland online eine Zusatzversicherung bei (meines Wissens nach) dem einzigen mir bekannten Versicherer ab, der solchen Schutz anbietet (bitte im Web selbst recherchieren). Kosten pro Tag Euro 6,90 (die sich wie im o.a. Fall lohnen). Viele weitere schöne Reiseerlebnisse (ohne Unfälle und Quallen) Peter

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